Collection: Crede Family Papers
Author: Heinrich Carl Crede
Recipient: Margarete Versen (Schröder Classen)
Description: Crede family letter, February 14, 1836.
Original text
Cassel, am 14t. Februar 1836.
Liebe gute Frau Mutter!
Von dem Versuche unsere herzliche Freude über den Empfang u. den frohen Inhalt Ihres lieben Briefes vom 8. Nobr. v. J. / welcher am 13t. Jan. d. J. einging. /zu schildern, will ich absehen, indem es mir doch schwerlich gelingen würde, unseren Gefühlen Worte zu geben. Gott sei tausendmal gedankt, daß die beschwerliche Reise so glücklich vollendet wurde u. daß Sie mit unseren lieben Geschwistern so völlig zufrieden sind-. Die Nachrichten von Ihnen haben meinen kühnsten Erwartungen noch übertroffen – der Himmel möge geben, daß Ihr Glück von Dauer u. stets so sein möge, wie es Ihr braves Herz ganz verdient, was sich umso mehr erwarten läßt, da Sie sobald durch, die vielleicht jetzt schon statt gehabte, Verheiratung unser guten Chr. eine feste Stütze an einem biederen Schwiegersohne erhalten. Huber ist ein rechtschaffener Mann, wie Sie schreiben, weshalb ich die sicherste Ueberzeugung hegen darf, daß er auch stets an Ihnen u. unseren lieben Geschwistern als solcher handlen wird; wir haben uns recht herzlich darüber gefreut, daß Ch. sobald Clothilden in den Ehestand folgt u. ich hoffe u. wünsche recht innig, daß das junge Paar eben so glücklich sein möge, als meine liebe Clothilde u. ich es in der That sind.
Ihre beiden Schreiben aus Bremen u. Baldimor haben wir erhalten, u. ich bin Ihnen recht vielen Dank dafür schuldig, daß Sie uns, so oft es anging, Nachricht gegeben haben, was meine gute Clothilde, die in trüber Stimmung über der Ihrigen Schicksaal war, aufrichtete u. erheiterte — Ihr letzter Brief der so guten Inhalts war, hat sie nun völlig beruhigt — es geht uns hier wie es Ihnen dort geht, unserem Glück fehlt weiter nichts, als daß wir in Ihrer Nähe wohnen könnten. Wohl manchen wichtigen Grund könnte ich anführen, was mich dies um so mehr wünschen ließ — obschon nun wohl unser Wünschen sobald nicht in Erfüllung kommen kann, so beseligt mich doch der Gedanke u. hege ich die feste Zuversicht, daß auch wir noch, wenn auch erst nach Jahren — in dem freien Amerika mit unseren Lieben ein glückliches Leben führen werden / wie es hier zu Lande ist u geht, wissen Sie so gut als ich |. — Ihrem geehrten Auftrage gemäß haben wir wegen Ihrer hiesigen Angelegenheiten einigemal an He. Calaminns geschrieben u. nach der letzten Nachricht von demselben, können Sie auf einen Nachlaß Seitens des He: Grafen vertrauen — auch bin ich dieserhalb vor einiger Zeit bei Onkel Derenthal gewesen, der gewiß hierbei möglichst zu wirken nicht ermangeln wird. — Nun zu etwas Anderem.
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Meine liebe Clothilde ist recht stark geworden und zwar so, daß sie sich sehr unbequem fühlt — doch wird dies nicht lange mehr dauern. Mit banger Besorgniß sehe ich den nächsten Tagen entgegen — der Himmel möge Alles glücklich vorüber gehen lassen. Cloth. ist Gott lob die ganze Zeit über recht gesund gewesen, was mir jetzt noch einigen Trost gewährt — Hoffentlich werde ich die Ankunft Ihres kleinen Enkels noch in diesem Briefe melden. — Schwester Caroline ist fast den ganzen Sommer über bei Uns gewesen — wir haben recht viel die schönen Spaziergänge um Cassel benutzt, was unsere Hauptvergnügungen ausgemacht, auch Mutter ist schon eine Zeitlang bei uns um meiner guten Frau demnächst mit Rath u That beizustehen. Clothilde ist seit sie über das Schicksaal der lieben Ihrigen ruhig sein kann, recht heiter! zufrieden u. ist stets bemüht mir die Unannemhlichkeiten die mein Dienst oft mit sich bringt, erträglich zu machen — ich will mich nicht über die guten Eigenschaften meiner lieben Cloth: aussprechen, die kennen Sie beste Mutter so gut als ich — ewig werde ich Ihnen aber dafür dankbar bleiben, daß Sie mir ohne lange Bekanntschaft Ihr volles Vertrauen schenkten, mein Glück durch Cloth. hand so fest gründeten u. ihr eine so herrliche Erziehung, die Ihnen stets zu wahrer Ehre gereicht, gegeben haben.
am 26te Februar
Mit der innigsten Freude meine liebe Frau Mutter mache ich Ihnen die gestern Abend 8 Uhr statt gehabte glückliche Entbindung meiner guten Frau von einem gesunden starken Knaben, bekannt — Cloth: ist recht standhaft gewesen u. alle Umstände waren so gut, als sich nur wünschen ließ — könnten Sie nur mal einen Augenblick sehen, wir uns dieses frohe Ereigniß so glücklich macht — Mutter u. Kind sind recht wohl, so daß ich hoffen darf C. wird den an Sie bereits früher angefangenen Brief bald vollenden können. Mutter und Schwester Caroline werden so lange bei uns bleiben bis sich meine gute Cloth. wieder völlig erholt haben wird.
d 6ten März.
Gestern haben wir unseren Erstling die chris: Taufe geben lassen — und da mein lieber Bruder Herrmann immer so viel Zuneigung zu mir zeigte u. damit ich gegen seinen neuen Bruder Huber nicht ganz in Schatten trete, so glaube ich ihn dadurch eine Freude zu machen, daß ich ihn zum Pathen für mein Söhnchen machte — meine Schwester C. hat den Kleinen zur Taufe gehalten, /versteht sich in Hermanns Namen / u ihm die Namen Hermann Carl beigelegt. — Meine liebe Cloth: ist schon so weit wieder hergestellt,
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daß sie diesem Rite beiwohnen konnte, u geht Gott sei Dank mit Riesenschritten ihrer völligen Genesung entgegen. Wir haben nicht viel Fremde gehabt, waren aber recht vergnügt, haben viel von Ihnen Alle gesprochen und Sie nebst der ganzen neuen Colonie Westphalia /?/ walir hoch leben lassen. — Der junge Geist hat schon recht zugenommen u. soll mir sehr ähnlich sehen. Der Herr möge uns den Jungen gesund lassen u geben, daß wir stets an ihm so viel Freude haben mögen, als eben jetzt.
d 9 März.
Sie werden sich wundern liebe Frau Mutter daß ich so viele mal an meinem Briefe zu schreiben fortfahre — ich mag aber denselben erst nicht schließen, als bis er abgehen kann, was noch darauf beruht , daß Cloth: ihren Brief an Sie schreibt; das Schreiben wird ihr immer noch etwas sauer. —
Gestern erhielt ich einen Brief von Onkel Derenthal, wo mir derselbe schreibt, daß der He: Graf einen Nachlaß von 250 rth: bewilligt habe welcher in 14 Tagen ausgezahlt werden würde — weshalb er selbst in Canstein gewesen wäre. Weiter eröffnet mir D. daß es der Wille des Hr. Grafen sei, daß auch wir daran Theil nehmen sollen — weshalb er mir 100 rth: davon würde zukommen lassen und glaube er, daß Sie damit zufrieden sein würden, obschon ich nun wohl auch dasselbe mit Zuversicht von Ihnen hoffen darf, so würde ich doch nicht daran denken von jener Gnade Gebrauch zu machen, wenn unsere augenblickliche Verhältnisse es gestatteten dieselbe abzulehnen u. Ihnen die volle Summe zukommen zu lassen /was wir mit dem größten Vergnügen gethan haben würden/. Unsere vollständige häusliche Einrichtung erforderte noch gar manches auch sind sonstige unerläßliche Ausgaben zeither eingetreten — die ich nicht im Stande war von meiner jetzt noch geringen Besoldung zu bestreiten — ich war deshalb genötigt von seinen genauen Beständen eine kleines Capital zu leihen — was ich theilweise durch guthabene Gelder bezahlt habe u nun den Arzt mit der uns zu Gute kommen sollenden Summe abzutragen gedenke. Unter diesen Umständen hege ich die feste Zuversicht, daß Sie mein Verfahren billigen u. von keiner unrechten Seite beurtheilen werden.
Seit kurzem bin ich wieder von der Hofbaudirektion zum Oberhofmarschallamte versetzt worden — leider ist aber meine Versetzung nur mit neuen Kosten wegen der nunmehr wieder anderweit anzuschaffenden Uniformstücke, verbunden.
Um
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und ich bin, obschon ich der Aelteste / von dem Hofkanzleipersonale / im Dienste, noch immer auf den spärlichen Gehalt von 250rth. jährlich angewiesen — doch hoffe ich daß es nicht so lange mehr bleiben wird. Zum Glück haben wir keine großen Bedürfnisse und uns so eingerichtet daß unsere Einnahmen wenigstens die gewöhnlichen Haushaltungskosten p p deckt.
Wir waren recht erfreut, vor einiger Zeit einen Aufsatz / der von Baderborn aus geschrieben / über He: Hesse u. die mit / demselben Ausgewanderten zu lesen — welcher die Nachrichten die wir bereits von Ihnen hatten bestätigte und nur Ihren Aufenthaltsort worüber Sie uns so wenig geschrieben, näher bezeichnete; bitte schreiben Sie uns demnächst recht viel von dort über das dasige Klima, boden, den Getreutebau auch etwas über die Eigenschaften und Sitten Ihrer Nachbarn, den Handel, die Sprache u. s. w. — es interessiert mich dies ganz besonders. Vor Ihrer Abreise versprachen Sie ein Tagebuch zu führen und Ihre Reise genau zu beschreiben — die fatalen Seekrankheit die Sie heimsuchte, wird dies wohl nicht gestattet haben —.
Herr Hesse schreiben Sie nun sei dort an seinem Platze u ergreife alles mit besonderer Energie — ich war davon zwar schon im voraus — nachdem was ich von diesen ausgezeichneten Manne gehört — überzeugt, ich habe mich aber doch außerordentlich gefreut es bestätigt zu hören — Die ganze Colonie kann sich Glück wünschen einen eben so kenntnißreichen als braven Mann an der Spitze zu haben. Es ist mir sehr lieb, daß ich He: Hesse auch dessen Familie vor der Abreise noch kennen lernte u. kann nur bedauern daß ich nur so kurze Zeit in deren Gesellschaft zubringen konnte — bitte grüßen Sie den biederen Mann so wie die Seinigen recht herzlich u. sagen Sie ihm, daß es mein herzlicher Wunsch sei, daß der Himmel sein ferneres Unternehmen segnen möge.
Leben Sie recht recht wohl beste Frau Mutter — der Allmächtige nehme Sie mit den lieben Ihrigen unter seinen gütigen Schutz u. lasse es Ihnen stets so ergehen, wie ich es von ganzem Herzen wünsche. Sie werden uns eine königliche Freude machen, wenn Sie recht bald wieder etwas von sich hören lassen werden.
Mit bekannter Achtung u Liebe bin ich stets Ihr guter
treuer Sohn
Carl Fr. Credé .
Um Ihre Adresse erlaube ich mir noch gehorsamst zu bitten.
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Mein Onkel der Formeister Harnickell zu Hanau, erhielt vor Kurzem einen Ruf nach Rußland, wo ihm die Stelle eine Direktors bei einer zu errichtenden Forstlehranstalt mit 4,000 rth. Gehalt offerirt wurde — die er aber ausgeschlagen hat. —
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